Wir haben seit etwa 4 Jahren zum ersten Mal wieder drei zusammenhängende Muggen. Bei Profis wären das drei Tage nacheinander. Bei Hobby-Coverbands sind das drei Sonnabende nacheinander.
Als es mir bewusst wird und ich mich bestürze, sagen die anderen – aber das hast du doch selber so eingerührt? Ja schon, aber ohne in den Kalender zu kucken. Je nun.
In Wurzbach waren wir zuletzt im August 2021, als die Pandemie mal ganz kurz eine kleine Lücke gemacht hat. Damals war es das Wellenbrecher Open Air, welches leider sehr stark im Regen versank (wie gemein, wenn man schon mal was veranstalten durfte) und entsprechend schlecht besucht war. Nach diesem damals dritten Mal musste Veranstalter Matthias den Traum vom Aufbau eines eigenen Open Airs (auf tollem Gelände!) dann leider auch aufgeben. Haben wir selbst ja auch so erlebt mit unserem Bittstädt Open Air in Crispendorf. Und dann hab ich beim Wellenbrecher Open Air auch noch unseren wunderbaren Crayfish-Bühnenwecker auf selbiger (nämlich der Bühne) vergessen… Weg, der arme.
Der noch ärmere Matthias hat nach dem ganzen Desaster nun auch noch schlimme gesundheitliche Probleme bekommen und braucht ein Spender-Organ. Aber er hat eins in Aussicht. Nur soviel dazu, weil der arme Mann wirklich extrem vom Pech verfolgt ist und trotzdem immer, immer durchzieht. Wir haben größten Respekt! Und wir wünschen das Beste, dass die Transplantation perfekt läuft und Du mit neuer Kraft und Deinen jungen Jahren der Rock- und Metal-Szene noch sehr lange ein solcher unglaublicher Motor bleibst!
Matthias betreibt nun den „Wellenkeller“, einen Rockclub für 150 Gäste im Keller eines ehemaligen FDGB-Heims. Es gab bereits mehrere richtig gute Veranstaltungen dort im Winter. Mal sehen wie das im Hochsommer funktioniert.
Für den Transport haben wir aufgrund von vorhandener PA das kleine Paket, also Fahrt mit meinem alten Volvo Kombi vorgesehen. Es stellt sich jedoch heraus dass der erstens zugewachsen und zweitens die Batterie totalentladen ist. Er steht seit 2 Jahren still in seiner Garage.
Ich lade die Batterie. Robin bietet trotzdem sein Auto an um Arbeit und Risiko zu mindern. Machen wir dann auch so. (Anmerkung – ich traute mir Wochen später ohne Test eine Reise zum Rudolstadt Festival, und die ging ganz wunderbar mit meinem lieben Auto. Es geht nicht kaputt.)
Bereits vorab hat Robin uns von irgendwelchen Spitzeln aus dieser Bergregion freudig von Crayfish-Plakaten berichtet. Auf der Hinfahrt freuen wir uns dann tatsächlich auch über ausgezeichnete und umfangreiche Plakatierung. Steffen hängt an allen Laternenpfählen.
Normalerweise lassen die bei den Kellerkonzerten gern zwei Bands spielen, für etwas Abwechslung und um länger Programm zu haben. Wir könnten allein spielen, Programm haben wir genug. Ich überlege, als Spaß meine andere Kapelle Metal Jukebox mitzunehmen, aber die können terminlich nicht. Da fällt mir ein dass Stochen und Jeffen in einer Bon-Jovi-Coverband spielen. Ich frage diese – gern! Ich frage den Veranstalter – auch sehr gern! Gesagt getan und mir nichts dir nichts fahren zwei sich stellenweise überschneidende Bands vom Holzland ins Waldgebirge.
Der Veranstalter erfragt bei mir noch den zweiten Bandnamen für die Werbung, den ich aber nicht weiß. Als ich ihn von Steffen erfahre – „The Jovi’s“ – muss ich auf zweierlei hinweisen. Erstens falsch geschrieben. Da kommt kein Apostroph rein. Weder in Deutsch noch in Englisch. Es sei denn man sagt sowas wie „The Jovi’s dirty trousers.“ Sowas sagen die aber nicht.
Zweitens – wie unkreativ. Da fallen mir sofort etliche viel bessere Namen ein. Jo Vision, Anjovis, The Chauvies… Steffen der alte Koch verspricht mir, die Band unverzüglich in „Anjovis“ umzubenennen.
Bei unserem Eintreffen (hier F, R und C) ist die gegnerische Band schon komplett da und hat auch schon das Backstage-Bier gefunden. Aufbau geht reibungslos. Im Saale-Holzland-Kreis ist die Musikerdichte nicht sehr hoch. Daher kennen sich in der Regel irgendwann alle.
Den Sören – Keyboards bei The Jovi’s – kenne ich seit den Anfängen mit meiner ersten Band „Molten Pix“ so um 1995 rum. Und ich muss sagen, der hat sich überhaupt nicht verändert! Bei Musikern ist das manchmal so, das ist ganz merkwürdig. Seht mich an.
Den Uwe – Schlagzeug bei The Jovi’s – kenne ich seit Mitte der 80er aus der Stadtrodaer Musikschule. Bei dem muss ich allerdings schon sagen, dass er sich verändert hat. Bei Musikern ist das eben nicht immer so.
Wir sitzen draußen am ausen Feuer – wisst ihr was das ist, ein auses Feuer? Kein Außenfeuer, obwohl doch, das auch. Aber ein auses. Kein annes.
Um das ause Feuer sitzen die verpeilten Musiker, erste Gäste und Helfer des Clubs. Einer entpuppt sich als Graffitti-Künstler, der auch den ganzen Innenhof verschönert hat. Er malt einmal jährlich alles um. Leider ist er gerade fast fertig mit der Umgestaltung und von den vorherigen Minion-Motiven kuckt nur noch ganz wenig raus. Ich weise ihn darauf hin, dass bei dieser Arbeitsweise ja der Hof immer kleiner wird.
Der F erkennt dann tatsächlich auch in einem der Motive den Künstler selber wieder, was diesen sehr freut. Also nicht in einem Minion, im neuen Motiv.
Ich will noch ein paar Rest-Minions für Doro fotografieren, aber immer wenn ich abdrücke läuft ein halbnackter dicker Mann mitten durchs Bild. Später bei Stürmung des Musiker-Essensbereiches – es gibt Soljanka, Würstchen und Fleisch – und einen schönen Salat – freue ich mich als einziger über den Salat. Und esse glaube ich auch als einziger davon. Wiederum später jedenfalls stellt sich heraus, dass ebenjener dicker nackter Mann genau diesen sehr wohlschmeckenden bunten Salat gemacht hat. Und er heißt Christian. Nicht der Salat. Was für ein wundervoller, wohlklingender Name! (Christian aus Wurzbach – bitte nicht übelnehmen! Aus meiner Perspektive sind alle Erwachsenen dick.)
Pünktlich nach Spielplan fangen die Jovis an. Der Club ist leider komplett leer. Ich weiß nicht ob 5 oder 10 Gäste da sind. Eine Katastrophe. Die Band zieht trotzdem souverän durch. Es gibt unter den Wenigen auch wippende Füße und Köpfe und anerkennenden Applaus. Die Veranstalter haben sogar eine Nebelanlage die Qualm pustet.
Nach schnellem professionellem Umbau fangen wir an. Und es werden nicht mehr Gäste. Vielleicht 20. Der Laden ist praktisch leer. Es ist für uns unverständlich. An der Qualität kann es ja wohl nicht liegen oder überleg Dir genau was Du sagst.
Wir machen trotzdem alles wie immer. Nur dass es diesmal ab und zu unter uns qualmt wegen der Nebelanlage.
An der Tür neben der Bühne stehen zwei Mädels und wedeln vor ihren Nasen rum. Ich erkläre öffentlich, dass der Qualm erstens nicht aus unseren Socken oder anderen eigenen Öffnungen kommt, und dass wir zweitens wegen des Sommers nicht mehr nach Rosen duften, aber das ist Teil der Darbietung und olfaktorischer Bestandteil des ganzheitlichen Erlebnisses. Ich habe jedoch das Gefühl, meine Ansagen werden oft nicht verstanden. Angesichts der reglosen Nicht-Reaktionen in den Gesichtern. Vielleicht ist mein Mikro vorneraus gar nicht an und das erklärt unseren Erfolg?
Der Rest des Abends versinkt in meinem Gehirn auch im Nebel, nicht zuletzt weil ich das hier erst nach dem Vollzug des dritten Konzert der Auftrittsreihe rekapituliere und formuliere. Da kommt schon mal was in Unordnung. Es ist jedenfalls soweit gesichert, dass wir zuende gespielt haben, aufgeladen, nach Hause gefahren und heil angekommen sind.
Ächz.