Einer unserer liebsten Orte. Wenn nicht DER. Wir freun uns drauf. Auch wenn der Wetterbericht schlecht aussieht.
Die ganze Zeit dürrt alles aus und ringt nach Regen. Und wenn wir im Biergarten auf der Bühne stehen soll er kommen.
Den Brauhausbiergarten beschallen wir selber. Deswegen brauchen wir diesmal den Transporter und alles was wir an Technik haben. F, Robin und ich treffen sich 14:15 Uhr in Tröbnitz zum Beladen. Ein Komplettkonzert mit Eigenbeschallung haben wir lange nicht gemacht. Beim Aufladen immer die gleichen Witze, ja nichts Wichtiges zu vergessen. Und die alten Geschichten was wir wann und wo schon alles vergessen haben. Hihi naja. Als wir starten wollen merkt der F, dass er den Koffer mit sämtlichen Mikros vergessen hat. In seiner Wohnung in Jena. Und das sollte nicht alles bleiben. Aber dazu später mehr.
Wir fahren wieder in zwei Teams – Beautymobil und Transporter mit uns dreien. Also müssen wir notgedrungen mit dem Transporter einen Schlenker tief in Jenas Innenstadt vornehmen um den missing Mikrokoffer einzusammeln. Sehn wer gleich mal wie der F jetzt so wohnt. Zumindest von außen. Wohnt gut.
Letztendlich verlieren wir nur 30 min glaub ich, in unserem durchgetakteten und eingespielten Plan. Doch wer zuletzt lacht spottet jeder Beschreibung. Apropos eingespielt – ich musste jetzt selber erstmal recherchieren. Man fühlt sich hier so zu Hause als wär man schon immer da. Aber wir waren hier 2018, 2019, 2020, 2021, 2022. Das ist ja eigentlich nicht möglich, die ganze Pandemie hindurch? Es war aber so!
Nochmal Apropos eingespielt: Wir schlagen mit dem Transporter in Friedrichroda auf. Und wir können es nicht fassen. Der einzige Parkplatz, der für den Transporter geeignet ist, ist FREI! Normalerweise parken dort bei der Ankunft an jedem Auftrittsort immer die Schönes. Auch ein interner Running-Gag. Eigentlich gar kein Gag. Aber diesmal parken sie woanders und ich kann einparken ohne sie vorher wegzuscheuchen. Aufbau klappt auch prima, alle fassen mit an. Wir machen uns Sorgen wegen des Wetters. Robin beobachtet misstrauisch den Regenradar. Es soll während des Soundchecks regnen, während des Auftrittes nicht. Es wird dann während des Soundcheckes regnen, während des Auftrittes aber auch.
Nachdem alles verkabelt ist beginnt der Soundcheck. Der F greift in seinen Rucksack – und ins Leere. Dort sollte eigentlich das Tablet stecken, mit der Benutzeroberfläche für das Pult. Isses aber nich. Es kööönnt alles so einfach sein…
Zum Glück hat er in paranoid-panischen Nächten an einer Backup-Lösung gearbeitet und kann in abgespeckter Form auch mit dem Smartphone das Mischpult ansprechen. Ja so ist das heutzutage. Unser Mischpult ist tatsächlich nur eine Kiste mit gaaaanz vielen Anschlüssen. Das wars. Keine Knöppe, keine Schieberegler, nüscht! Dafür brauchste dann ein Tablet. Oder so wie nun Herr F mit dem Telefon. Mit sehr spitzen Fingern mischt er den Sound und es geht. Wie beschrieben dies bereits in schönem leichtem Sommerregen.
Nun sprechen wir dem Biere zu, welches naturgemäß die Seele des Brauhauses bildet. Die kleinste Brauerei Westthüringens stellt selbstverständlich ein reines Naturprodukt auf handwerkliche Weise her. Großbrauereien haben riesige Labore, die angelieferte Malz-Chargen analysieren und durch Umkombinieren ein immer genau gleiches Ergebnis erzielen. Kleinst-Brauereien können sich nur auf die Angaben der Mälzereien verlassen. Das ist aber ziemlich Gummi-Unzuverlässig. Nicht zuletzt daher schwanken auch die Ergebnisse der einzelnen kleinen Sude. Ich verrenne mich schon wieder…
Meiner langen Vorrede kurzer Sinn – diesmal sind die Biere wieder ausgesprochen von auffallend vorzüglicher Hervorragendheit! Ich verkoste leidenschaftlich das naturtrübe Pils und das Weizen, Robin verrülpst berserkerisch das Dunkle. Die übrigen lassen sich Radler mischen, außer Jochen, der Kaffee. Leider und Gottseidank haben wir diesmal wegen enger Taktung und großer Spielfreude gar keine Gelegenheit, ausreichend Bier abzufassen. Wir gehen zuletzt mit quasi klarem Kopf ins Bett trotz überauser Wohlschmeckigkeit.
Weg vom Bier, zurück zur Musik und zum Verlauf. Wenn ich so ins Rund schaue und wie sich der Biergarten füllt klappt mir die Kinnlade runter. Es kommt tatsächlich ein Drittel der Leute in Crayfish-Klamotten! Oder, um es mit Jens Spahns Worten zu sagen, vielleicht war es sogar ein Viertel!
Viele davon sind natürlich inzwischen alte Bekannte. Aber Eins ist in Friedrichroda immer ganz Besonders. Bei einem der vergangenen Auftritte der letzten 5 Jahre – ich weiß nicht mehr bei welchem – war zufällig aus anderem Grunde eine Biker-Truppe aus Düsseldorf als Station auf ihrer Tour in den Friedrichrodaer Brauhaus- und auch Übernachtungshallen einquartiert. In Unkenntnis unserer Band und Wahrnahme der Gelegenheit durchlebten sie eine Auftrittsnacht mit uns. Seitdem sind diese Menschen in Crayfish-Sachen gekleidet und reisen jedes Jahr wieder aus Düsseldorf nach Friedrichroda an, wenn unser Auftritt ansteht. Ist das nicht, also sowas von?
Es tut mir rückblickend richtig leid, dass wir nichtmal Zeit gefunden haben, mit denen richtig zu quatschen. Das liegt aber auch an unserer genannten engen Taktung und der angespannten Arbeitslage vor, während und nach dem Auftritt. Nicht blöd lachen! Wir haben keine Crew, wir machen immer alles komplett selber! Alles! Also Düsseldorf – Herzliche Grüße, Riesen-Dankeschön, und vielleicht hoffentlich vergessen wir nächstes Mal nichts beim Aufladen und haben dann Zeit zusammen ein Bier zu trinken!
Wir fangen 20 Uhr an und wollen drei Runden spielen. 23:30 muss Stille sein. Jochen hat insgesamt etwa 40 Songs aufgeschrieben. Ambitioniert, aber wir schimpfen ihn ja auch immer dass er alle tollen Songs weglässt. Wie erwähnt regnet es. Aber es ist ein leichter und warmer Sommerregen, nicht wie letztes Jahr. Der Stimmung tut es keinen Abbruch und wir spielen uns nach und nach warm. Ich gehe nochmal mit dem Funkmikro in der Hand durchs Rund und kontrolliere den handygemixten Ton – ich denke es geht. Das ist immer ganz schön schwierig wenn man niemanden hat der da unten sitzt und hört was wirklich kommt und nachregelt.
Wir spielen uns langsam warm, kommen in Fahrt, das Publikum auch. Die Bühne durchnässt sich immer mehr vom Regen. Wir schaukeln uns hoch, es macht Spaß. Gegen Ende geht das richtig ab im Biergarten vor der Bühne und es wird wild getanzt. Der Veranstalter kommt zum Bühnenrand und ruft uns zu dass wir etwas länger machen dürfen weil er eine Sperrzeitverkürzung hat. So eine Information kurz vor Schluss ist etwas blöd wenn man ein Pedant ist und auf den Spannungsbogen kuckt. Denn dann haben wir die Riesen-Ballerdinger gerade gespielt und müssen nochmal in die B-Schublade greifen. Das ist wohl Jochens Grimm, denn er weigert sich zuerst gegen spontane Setlist-Aufpustung und weicht dann nur meiner diktatorischen Macht. Dabei ist er der Setlist-Minister. Aber wir kommen da alle durch und sind auch am Ende alle froh.
Es verbleiben sehr angefeuchtet fünf ausgepumpte glückliche Musiker und vielleicht noch 100 bis zum Schluss durchgehaltene Biergartengäste. Einfach schön.
Während des Aufbaus hatte mir Chefbrauer und Veranstalter Thomas einen Umschlag mit zwei Zimmerschlüsseln zugesteckt, für die Übernachtungen des roten Teams (Transporter). Bereits vorab wurde herumgehandelt, wie die Verteilung auf ein Einzel- und ein Doppelzimmer zu lösen sei. Letztes Mal war F mit Robin im Doppelzimmer. Ersterer konnte kein Auge zutun, weil sein Körper vom erdbebenhaften Schnarchen des Kollegen durchgeschüttelt wurde. Ich habe normalerweise auch einen extrem leichten Schlaf und kann nicht neben einem Geräusch-Emitter liegen. Nun meint mein lieber Fast-Cousin aber, ich wäre selbst einer. Nach Rücksprache mit meiner lieben Doro vermelde ich, dass ich unter Zeugen in den letzten 23 Jahren höchstens 3-4 mal geschnarcht hätte. Sonst würde die mir auch was husten, sie hat auch einen sehr leichten Schlaf.
Es entsteht ein Problem ähnlich dem mit Ziege, Kohlkopf, Wolf, Boot und Fluss, falls das jemand kennt. Nun gut – man einigt sich auf die Extraktion des Robin in das Einzelzimmer.
Nach Beendigung des Auftrittes und Abbauens und diesmal Ausbleibens des Absackbieres wegen in alle Winde zerstobener Thekencrew begeben wir uns ins altehrwürdige Gasthaus in die Fürstenzimmer. Auf massivsten Holzdielen und zwischen schweren Zimmertüren machen wir Winke-Winke-Gute-Nacht. In unserem Zimmer stellen F und ich fest, das wir einen wunderschönen Blick auf die Stadt und den Bach haben, sicher die „Friedrich“, aber dass man die Fenster nicht verdunkeln kann. Der F versucht noch bei dem einen Fenster mit den beiden schmalen hübschen Stores ein Makramee anzufertigen um die Verdunkelungsfläche zu vergrößern. Klappt nicht. Die arme Putzfrau die das morgen wieder entknüpfen muss.
Wir legen uns in die Betten. Und gleichzeitig setzt im Haus ein unglaubliches lautes und ungesund schnell-rhythmisches Schnarch-Säge-Geräusch ein. Es bringt das ganze uralte Haus zum Wackeln. Wir kucken uns an und sagen – Oh Gott stell ma vor einer von uns hätte mit bei Robin im Zimmer schlafen müssen, direkt neben diesen Eruptionen! Der wäre erschüttert worden!
Früh passiert diesbezüglich zweierlei. Erstens: Der F behauptet wieder ich hätte geschnarcht. Ich sage das sei unmöglich. HAHAA! Aber diesmal hat ers aufgenommen. Jetzt spielt der mir doch tatsächlich auf seinem Telefon eine Schnarchaufnahme von mir vor. Isses denn.
Spätere Theorie der zur Rede gestellten Doro: Vielleicht passiert das nur wenn ich mit dem F unterwegs bin. Denn dann sind immer Auftritte und viel Bier im Spiel. Wir werden diese These verfolgen.
Zweitens: Als Robin sich soweit salonfähig hinbekommen hat, dass er uns besuchen und zum Frühstück abholen kann, kommt er zu uns rein und meint – ALTER, habt ihr das gehört in der Nacht? Dieses unmenschliche Schnarchen? Und so ganz komisch in schnellem Rhythmus?
Wir zwei Fastcousins sehen uns an und fragen uns Verschiedenes. Wenn‘ s Robin nicht war, wer dann? Sollte der F nächstes Mal doch lieber wieder bei Robin schlafen? Gibt es eine diplomatische Lösung für den Ukraine-Krieg?
Wir gehen zum Frühstück. Ich bin beschwingt und die Zimmerschlüssel scheise schwer. Da sind so kleine Bleibarren dran mit den Zimmernummern, wenn man die an Feinde bindet kann man sie in Teichen verschwinden lassen. Deswegen rutscht mir versehentlich unserer aus der Hand und trifft Robin am Rücken. Was der übelnimmt.
Frühstück ist trotzdem wieder sehr schön. Es ist unglaublich wie sich hier um uns gekümmert wird. Unglaublich. Besser als daheeme. Man überlege nur – FRÜHSTÜCK! Mit Brötchen, und Ei, und Wurst und Käse, und Marmelade und Honig, und Saft. Und wir können anschließend in Ruhe im hellen Tageslicht den Transporter beladen, weil wir das Equipment im Brauhaus übernachten lassen durften. Es muss ja durch den ganzen Biergarten getragen werden. Aber im Friedrichrodaer Morgensonnenschein ist das gar nicht schlimm. Geht im leeren Biergarten eh besser. Und es regnet ja nicht. Haha. Es gibt wirklich wunderschöne Auftrittsorte.
Nochmal kurz zurück ins Gasthaus, Rucksäcke holen und verabschieden. Rein, Treppe hoch, F sagt zu Robin – „Los ab, geh deinen Kram holen.“ Robin „Neeee – sonst schmeißt der Sänger wieder Schlüssel nach mir.“ Mach ich diesmal nicht, halte fest. Wir verabschieden uns so überschwänglich wir können von der lieben Friedrichrodabrauhausübernachtungsgästefrühstücksfrau, und ab heimwärts.
Beim Abladen in Tröbnitz drängt sich natürlich der Gedanke auf – wie sinnlos. Nächste Woche brauchen wir das ALLES ganz GENAU SO wieder in Laucha. Aber für ein eigenes Auto, auf dem einfach alles drauf bleibt, reichen die Gagen bei weitem nicht. Die reichen gerade mal für Butter für die Kinder.
Bis nächste Woche!